Nachfolgender Beitrag soll aufzeigen welche Vorteile eine kontrollierte Wohnraumlüftung bietet und besondere Anwendungsgebiete in Neubau und Sanierung erläutern.

Werden bei Sanierung mehr als ein Drittel aller Fenster ersetzt, ist ein Lüftungskonzept nach DIN 1946-6 zu erstellen. Bei Neubau ist das Lüftungskonzept sowieso zu erstellen.
Bei der Erstellung des Lüftungskonzeptes sind viele Aspekte zu betrachten:

  • Ist aufgrund innenliegender Räume ohnehin eine Abluftanlage nach DIN 18017-3 erforderlich?
  • Gibt es Wohnungen, die nur Fenster in einer Ausrichtung haben (insb. Einraumwohnungen), so dass ebenfalls eine Abluftanlage erforderlich ist?
  • Ist eine Abluftanlage aus anderen Gründen sinnvoll, beispielsweise in Kombination mit sonstiger schützenswerter Bausubstanz?

Wenn eine Abluftanlage ohnehin erforderlich ist, ist es zur Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung nur noch ein kleiner Schritt, der zu überlegen ist. Mehr noch, in Anbetracht der energetischen Anforderungen sollte sie bei Neubau als Stand der Technik zu betrachten sein. Beim KfW-Effizienzhausstandard 40 plus ist sie im Rahmen des „Pluspaketes“ obligatorisch.

Überblick über Lüftungstechnologien mit Wärmerückgewinnung

Auf dem Markt gibt es verschiedene Wärmeübertragertechnologien für zentrale Geräte der Lüftungswärmerückgewinnung:

  • Gegenstrom-Wärmeübertrager
  • Kreuzstrom-Wärmeübertrager
  • Rotationswärmeübertrager – auch Enthalpiewärmeübertrager genannt – weil sie neben der Wärmerückgewinnung auch eine Feuchterückgewinnung ermöglichen und einen hohen Wärmerückgewinnungsgrad aufweisen.

Die meisten Zentrallüftungsgeräte sind entweder als Deckengeräte konzipiert, einzelne Anbieter haben auch Geräte entwickelt, die hochkant beispielsweise in eine Vorwandinstallation im Bad eingebaut werden können. Für Einfamilienhäuser oder einzelne Wohnungen sind Lüftungsgeräte mit einem Volumenstrom von 120 – 300 m³/h geeignet.

Alternativ zum zentralen Lüftungsgerät auf Basis der oben genannten Wärmerückgewinner gibt es auch dezentrale Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung. Fensterbauer wie beispielsweise Velux oder Schüco bieten für ihre Fenster dezentrale Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung an. Bekannt sind zudem die Keramikkkern-Wärmetauscher, die von verschiedenen Herstellern angeboten werden und paarweise eingebaut werden und über die Lüftungsrichtungsumkehr eine Wärmerückgewinnung ermöglichen. Andere Systeme werden in der Fensterlaibung oder im Sturz integriert.

Auch im Rahmen einer Sanierung bietet die kontrollierte Wohnraumlüftung verschiedene Möglichkeiten, wie die Erreichung eines bestimmten KfW-Effizienzhausstandards oder die Senkung von Heizkreistemperaturen.

Grundsätzlich muss die Lüftung des Gebäudes im gebäudetechnischen Gesamtkonzept betrachtet werden.

Die Wirkungsweise der kontrollierten Wohnraumlüftung ist an folgendem Rechenbeispiel eindrucksvoll erklärt:

Für Frost kann ein Sole-Wasser-Vorheizregister zum Einsatz kommen. Sinnvoll ist es zudem auch, die Luft ggf. sogar mit einer leichten Übertemperatur von 5-8 Kelvin in den Raum zu bringen, indem ein über den Heizkreis versorgtes Nachheizregister eingesetzt wird.

Kontrollierte Wohnraumlüftung im Neubau

Im Neubau sind die Anforderungen von EnEV und EEWärmeG zu erfüllen. Nach der EnEV 2016 ist es durchaus noch möglich, mit Gas-Brennwert-Heizung, einer Solaranlage zur Brauchwassererwärmung und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung die Anforderungen an EnEV /EEWärmeG zu erfüllen, wenngleich diese Variante auch aufgrund der zukünftigen Besteuerung fossiler Brennstoffe nicht mehr empfehlenswert ist.
Als Alternative werden für Einfamilienhäuser (insbesondere für die KfW-Standards 55 / 40 (plus) geeignet) Luft-Wasser-Wärmepumpen angeboten, die gleich in einer Baueinheit mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung kombiniert sind. Gerade für die Luft-Wasser-Wärmepumpe sind möglichst niedrige Heizkreistemperaturen – wenn möglich 35°C anzustreben, damit die Wärmepumpe möglichst effizient arbeiten kann. Die ideale Ergänzung sowohl für eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung als auch für eine Wärmepumpe ist eine Photovoltaikanlage, nach Möglichkeit auch mit einem Batteriespeicher, um möglichst viel Hilfsstrom selbst zu erzeugen.
Beim Passivhaus ist die Heizlast auf 15 W/(m²K) begrenzt, damit das Gebäude mit erwärmter Luft (bis zu 50 °C) beheizt werden kann. Dies wird einerseits über die kontrollierte Wohnraumlüftung und andererseits über die stark reduzierten Transmissionswärmeverluste erreicht.
Kontrollierte Wohnraumlüftung in der Sanierung

Auch in der Sanierung kann eine kontrollierte Wohnraumlüftung dazu beitragen, Heizkreistemperaturen zusätzlich abzusenken, um eventuell auch eine Wärmepumpe als (bivalenten) Wärmeerzeuger einsetzen zu können, da mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung grundsätzlich Heizflächen kleiner dimensioniert werden können.

Je besser der energetische Standard des Gebäudes wird, desto mehr Anteil nehmen einerseits die Lüftungswärmeverluste und andererseits der Anteil der Lüftung an der Raumheizlast ein. Dies verdeutlicht in Hinblick auf die anteilige Raumheizlast folgendes Beispiel:

Bei einem nicht gedämmten Haus ist der Anteil der Lüftungsheizlast sehr gering, allerdings kann er bei KfW-55, bzw. 40-Standard schon bis zu 45 Prozent betragen. In dem im Diagramm dargestellten Beispiel wurden die Wärmeverluste ausgehend vom unsanierten Gebäude und verschiedenen Sanierungsqualitäten für ein freistehenden Einfamilienhauses mit einer Grundfläche von 10 x 10 m und einem Vollgeschoss (mit ausgebautem Dachgeschoss) betrachtet.

Ein Vorteil ergibt sich auch für die Dimensionierung von Heizflächen, denn auch diese können durch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung kleiner ausfallen. Welche Reserven bei energetischer Sanierung in Kombination mit einer Lüftungsanlage entstehen, verdeutlicht folgende Tabelle speziell für Räume des Geschosstypenwohnungsbaus:

Wenngleich unterdimensionierte Heizkörper ausgetauscht werden müssen, so ergeben sich doch Heizkreistemperaturabsenkungen über die kontrollierte Wohnraumlüftung, so dass eine maximale Vorlauftemperatur von 50 °C dann den Einsatz von Wärmepumpen wenn auch mit geringerer Effizienz ermöglicht. Wie viele Heizkörper im Einzelnen ausgetauscht werden müssen, muss für jedes Gebäude individuell geprüft werden. Bei Räumen mit hohem Hüllflächenanteil (z.B. Eckraum im EG/DG) ergeben sich hohe Reserven nach Dämmung, in Räumen mit geringem Hüllflächenanteil ergeben sich geringe Reserven, so dass diese Heizkörper zu ersetzen wären, um auf das nächst niedrigere Temperaturniveau absenken zu können. Besonders kritisch sind in der Regel Badheizkörper, die auch wegen der erhöhten Raumtemperatur von 24° oft unterdimensioniert sind.

Auch wenn eine Innendämmung vorgesehen ist, ist eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eine sinnvolle und effiziente Lösung, weil dadurch die Luftfeuchte während der Heizungsperiode kontinuierlich begrenzt und Feuchte zuverlässig abgeführt wird.

Leiden die Bauherren unter einer Pollenallergie, kann eine Lüftungsanlage ebenfalls sinnvoll sein. Positiver Effekt einer Lüftungsanlage: Es findet ein kontinuierlicher Luftaustausch statt, und auch Chemikalien, beispielsweise aus Möbeln, werden abgeführt. Auch die Konzentration an Kohlendioxid wird konstant niedrig gehalten. Grundsätzlich müssen, um Verkeimung und Verschmutzung der Anlage zu vermeiden, regelmäßig die Filter gewechselt werden.

Auch bei lärmreicher Umgebung an viel befahrenen Straßen etc. kann eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eine Option sein. Allerdings sollte die Luftansaugung unter Beachtung der VDI 6022 (Raumlufthygieneanforderungen) erfolgen.

Hinsichtlich der Energieeinsparung ist zu bedenken, dass Wärme rückgewonnen wird, jedoch für den Betrieb der Anlage Strom für die Ventilatoren und ggf. das Heizregister erforderlich ist. Dabei besteht zwischen Strom und Gas ein Preisverhältnis von etwa 5:1. Das bedeutet, dass Strom zu einem fünf-fachen Preis gegenüber Gas zu beziehen ist. Deshalb sollte das Verhältnis rückgewonnener Wärme zu Strom nach Möglichkeit 8 bis 10:1 betragen. Erreicht wird dies durch einen möglichst hohen Wärmerückgewinnungsgrad (90 Prozent), eine geringe Leistungsaufnahme der Ventilatoren (repräsentiert durch die Größe SFP – also die spezifische Leistungsaufnahme je m³ Luft) und ein einfaches Lüftungsnetz mit großzügigen Rohrquerschnitten und Luftauslässen – also geringe Leitungswiderstände.
Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung speziell in der Sanierung muss zudem berücksichtigt werden, dass der normativ angesetzte Luftwechsel von den Nutzern bei weitem nicht erreicht wird, so dass die Energieeinsparungen über die Lüftungsanlage deshalb ebenfalls nicht erreicht werden. Im Sinne des Bauherrn wirtschaftlich ist demnach eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung nicht, dafür ist sie technisch wie aus Komfortgründen dennoch sinnvoll. Die Kosten können für ein Einfamilienhaus bis zu 12.000 € (inkl. MWSt) betragen.

Eine Photovoltaikanlage ist der ideale Partner einer Lüftungsanlage. Auch ein Sole-Luft-Erdwärmetauscher kann für eine Vorerwärmung der Luft bei Frost eine gute Ergänzung sein, ebenso wie ein wassergeführtes Nachheizregister.
Im Einfamilienhaus kann eine Lüftungsanlage mit verhältnismäßig kleinem Aufwand errichtet werden, im Geschosswohnungsbau sind insbesondere Brand- und Schallschutzanforderungen zu erfüllen, wodurch dezentrale Lüftungsanlagen ggf. einer zentralen Lüftungsanlage vorzuziehen sind.

Förderung

Lüftungsanlagen werden weiterhin im Rahmen von Einzelmaßnahmen oder im Rahmen einer Sanierung auf einen KfW-Effizienzhausstandard von der KfW-Förderbank mit einem Zuschuss von 20 Prozent bei Einzelmaßnahmen oder dem entsprechenden Zuschuss bei Erreichung eines KfW-Effizienzhausstandards gefördert. Es wäre zu wünschen, dass im Rahmen einer Neukonzeption der Förderung auch das „Pluspaket“ – bestehend aus kontrollierter Wohnraumlüftung und Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher – sowohl beim Neubau als auch bei der Sanierung für alle KfW-Effizienzhausstandards gewährt wird.

Fazit

Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sind die energie-effizienteste Art zu lüften. Allerdings bleibt noch viel Beratungsarbeit zu leisten, bevor sie sich in der Breite durchsetzen. Je besser ein Haus gedämmt ist, desto mehr Gewicht nehmen die Lüftungswärmeverluste ein. Deshalb ist bei dem KfW-Effizienzhausstandard 40 plus eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung auch obligatorisch und gut mit einer Photovoltaikanlage kombinierbar, weil der Strom dann zu überwiegenden Teilen über die Photovoltaikanlage in Kombination mit einem Batteriespeicher erzeugt werden kann. Je nach Größe der Photovoltaikanlage können 40 bis 70 Prozent des Stroms sowohl für die Wärmepumpe als auch für die Wohnraumlüftung als auch für die Wärmepumpe über eine Photovoltaikanlage mit Speicher erzeugt werden.

Ende des Artikels, nachfolgende Tabellen außerhalb des Artikels, nur informativ